Depression ist eine schwere Erkrankung, die dringend behandelt werden muss. Neben oben genannten Symptomen, beklagen die Betroffenen fehlende Lust, etwas zu unternehmen. Sie sind schnell überfordert
bei ihren alltäglichen Tätigkeiten, haben Zukunftsängste, da sie glauben, dass sie sich entweder nie mehr erholen oder dass die gesundheitlichen Schäden, die entstehen, erhebliche Probleme verursachen werden. Die vermehrte Müdigkeit
ist unangenehm und belastet die Erkrankten: Man möchte etwas tun, spürt aber keine Kraft
mehr. Dies führt zu innerer Unruhe. Ungewollter Gewichtsverlust
bei mangelndem Appetit (zugleich der wichtigste subjektive Unterschied zwischen Depression und einer Krebserkrankung) zeigt, dass die Person seit längerer Zeit, teilweise unbewusst, unter einer seelischen Erkrankung leidet. Außerdem sind häufig Befürchtungen
vorhanden, dass man unter einer lebensbedrohlichen körperlichen Erkrankung (Somatisierungsstörung) leidet. Es gibt auch Erkrankte, die glauben, eine schlimme Tat begangen zu haben und dies bald büßen zu müssen. Andere glauben, erhebliche finanzielle Sorgen zu haben, was von im Haushalt lebenden Familienmitgliedern nicht nachvollziehbar ist. Solche (falschen) Überzeugungen entwickeln sich in schwersten depressiven Formen zu einem Wahn
und sind ohne medikamentöse und/oder somatische Behandlung nicht korrigierbar, denn bekanntermaßen haben Psychotherapie oder Psychoedukation keine Auswirkung auf Wahnideen. Ein etwas anderes Verhaltensmuster zeigt die agitierte Depression, insbesondere bei Männern, wobei die Erkrankten aggressiv reagieren, unruhig
und schnell beleidigt oder gekränkt
sind.
Die oben genannten Symptome traten sicherlich bei jedem schon einmal auf, bei einigen vielleicht etwas häufiger als bei anderen. Es sind zwangsläufig Symptome, die Teil unseres Lebens sind. Die Schwierigkeit besteht darin, zu unterscheiden, ob etwas normal oder als Krankheit anzusehen ist. Als Richtlinie nach ICD 10 ist eine 2 - wöchige Dauer der Symptomatik benannt. Demnach kann erst nach einer Zeit von 2 Wochen, in der die Symptome auftreten, darüber nachgedacht werden, ob es sich um eine Erkrankung handelt.
Typischerweise sind es eher die im gleichen Haushalt lebenden Familienmitglieder, die bemerken, dass etwas von der Stimmung her mit der betroffenen Person nicht in Ordnung ist. Erst im weiteren Verlauf bemerkt diese es dann auch selbst. In einer späteren unbehandelten oder unzureichend behandelten Phase können zunächst nur lebensmüde Gedanken
auftreten, später begleitet durch passive Todeswünsche, in dem man sich z.B. wünscht, morgens nicht mehr aufzuwachen. Irgendwann aber werden konkrete Suizidpläne
„geschmiedet“. Das Suizidrisiko bei depressiv Erkrankten ist im Übrigen etwa 30 Mal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Deshalb sollte bereits bei den ersten lebensmüden Gedanken ernsthaft und dringend Hilfe gesucht werden.
Warum entsteht die Depression?
Eine konkrete Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Es liegen mittlerweile hunderte, wenn nicht sogar tausende Studien über Depression vor mit ganz unterschiedlichen Theorien zu dieser Frage. Je nach historischer Entwicklung der Psychiatrie wurde mal der Einfluss der Eltern (Psychoanalyse), oder des Umfelds oder die Genetik als Ursache für das Auftreten einer Depression verantwortlich gemacht. Letztendlich aber konnten verschiedene Botenstoffe und Hirnareale identifiziert werden, welche die Symptome verursachen. Es konnte aber nicht analysiert werden, was genau die Störung dieser Botenstoffe in bestimmten Hirnarealen verursacht. Die Frage nach dem „Wie und Warum“ eine Depression entsteht, kann am besten in der Zusammenschau aller genannten Aspekte beantwortet werden. Nach diesem sogenannten „Bio-Psycho-Sozialen-Model“, wurden die Behandlungsstrategien, die heutzutage zur Behandlung einer Depression angewandt werden, entwickelt.
In früheren Zeiten wurde die Depression wissenschaftlich in 2 Kategorien unterteilt. Zum einen gab es die neurotische Depression, also eine Bereitschaft, auf jegliche Belastung mit bedrückter Stimmung zu reagieren. Dies kam nicht selten in Kombination mit Angst (=Angststörung) oder Suchtproblemen vor. Zum anderen gab es die reaktive Depression (etwas ähnlich, jedoch die Intensität der Belastung konnte deutlich stärker sein). Auch heute noch ist es sehr schwierig, eine Depression von einer depressiven Anpassungsstörung zu unterscheiden. Dazu kam dann noch die Melancholie, die eher als schwerste Form der Depression betrachtet wurde. Biochemische Studien haben jedoch gezeigt, dass die Störungen im Bereich der Molekularen Nivea gleich sind. Das bedeutet nichts anderes, als dass die selben Neurotransmitter betroffen sind und somit eine ähnliche Behandlung benötigt wird. Diese Erkenntnis war und ist auch heute noch bahnbrechend.
Mittlerweile wird bei der Depression formal (nicht ätiologisch) zwischen leichter, mittelgradiger oder schwerer Episode unterschieden. Die schwere Depression wird wiederum gegliedert nach Angabe, ob psychotische Erlebnisse vorliegen oder nicht. Des weiteren gibt es die Klassifizierung, ob es sich um eine erstmalig aufgetretene oder eine wiederholte Depression handelt.
Wie wird eine Depression behandelt?
In Anbetracht der multifaktoriellen Entstehung der Depression sollte für den Betroffenen ein gesamtes, individuelles Behandlungskonzept erarbeitet werden. Bereits die Benennung der Diagnose bringt bei einigen Patienten eine Art Erleichterung hervor, da ihre seit Wochen oder sogar Monaten bestehenden Schwierigkeiten nun einen „Namen“ haben und zugeordnet werden können.
Die Bausteine eines Behandlungskonzept sind in Wesentlichen:
- Durch die Psychoedukation wird der Betroffene und die engsten Familienmitglieder über die Erkrankung ausführlich informiert. Neben den Informationen über die Entstehung der Depression nach dem Bio-Psycho-Soziale-Model und den Behandlungsmöglichkeiten werden auch personalisierte Strategien entwickelt, wie man mit der Erkrankung umgehen kann. Gesprochen wird auch über Zukunftsperspektiven und über Methoden zur Rückfallprophylaxe.
- Durch die Medikation, die nicht unbedingt Bestandteil einer Behandlung sein muss, wird versucht, die oben beschriebenen Störungen des Neurotransmiter-Systems zu beheben. Verschiedene Namen von Antidepressiva sind irreführend, deren Wirkungen sind jedoch hauptsächlich stimmungsaufhellend, antriebsteigernd, beruhigend. Je nach dem welche Wirkung dominanter ist, werden die Antidepressiva in Trizyklische Antidepressiva (z.B Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin, Nortriptylin), Tetrazykliche Antidepressiva (z.B Mirtazapin, Maprotilin), SSRI „selektive Seretonin-Reuptake-Inhibitoren“ (z.B Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Sertralin, Paroxetin), SNRI „selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (z.B Venlafaxin), MAO-Hemmer „Monoaminooxidase-Hemmer“ (z.B. Jatrosom, Moclobemid), Melatoninagonist (z.B. Agomelatin) unterschieden. Die verschiedenen Wirkungsweisen sind auch verantwortlich für verschiedene Nebenwirkung, die innerhalb einer Gruppe auch ähnlich sein können. Neben Antidepressiva werden auch häufig andere Medikamente verordnet, wie z.B. Antipsychotika, Anxiolytika/Benzodiazepine, stimmungsstabilisierende Medikamente.
- Bei leicht bis mittelgradiger Depression kann die Psychotherapie deutliche Hilfe leisten. Unabhängig von dem spezifischen Verfahren, durchläuft die Psychotherapie verschiedene Phasen. Als erstes ist die Herstellung einer vertrauten und wohlwollenden Beziehung zwischen Therapeut und Patient in ruhiger und warmer Atmosphäre von Nöten. Im weiteren Verlauf soll das Verhalten und die Denkweise des Betroffenen besser verstanden und analysiert werden, insbesondere bestimmte körperliche Reaktionen betreffend bei Reize. Denkmuster werden erkannt, zwischenmenschliche Reaktionen besser verstanden. Nach der Identifikation der störenden Prozesse geht es in den nächsten Schritten um die „Umschulung“ (unpassenden, psychisch schädigende Denk- und Verhaltensmuster werden korrigiert). Diese letzte Phase ist der schwierigste Teil, der eine psychotherapeutische Begleitung über mehrere Monate benötigt. In der Regel sind anfangs 1 Sitzung pro Woche vorgesehen, nach 1-2 Monaten zunächst alle 2 Wochen und gegen Ende der Therapie 1 Sitzung im Monat.
Krankheitsverlauf
Auch ohne Behandlung sind die meisten an Depression erkrankten Patienten nach spätestens 1-2 Jahren geheilt, was aber nicht bedeutet, dass eine Depression keiner Behandlung bedarf. Eine medikamentöse Behandlung verkürzt die Dauer der Erkrankung, aber auch die Intensität des Leidensdrucks wird verringert. Die Psychotherapie lindert ebenfalls den Leidensdruck und verstärkt die Abwehrhaltung gegenüber störenden Faktoren, die eine erneute Depression auslösen könnten. Etwa 1/3 der Personen erleben nur einmal im Leben eine depressive Phase. Bei den meisten ist allerdings die Gefahr erhöht, dass sie selbst nach Jahrzehnten wieder an einer depressive Phase erkranken. In sehr seltenen Fällen kommt nur zur eine Teilverbesserung mit regelmäßigen Stimmungsschwankungen, die eher eine langfristige medikamentöse Behandlung benötigen.
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