Schizophrenie

Schizophrenie – Genie und/oder Wahnsinn? 

„A beautiful Mind“ - Genie und Wahnsinn ist eine US-amerikanische Filmbiografie der Regisseurs Ron Howard aus dem Jahr 2001. Im Film wird die reale Lebensgeschichte des insbesondere für die Spieltheorie bekannten Mathematikers John Forbes Nash skizziert, welche auf dem gleichnamigen Buch von Sylvia Nasar basiert.
Der Film beginnt mit Nashs Studienzeit, wo er bereits den Ruf eines Mathematikgenies genießt, aber ein Außenseiterdasein führt. In dieser Zeit lernt er auch seine Frau kennen. Seit seinem Studium hat er eine Schizophrene Psychose, die ihn immer mehr in den Wahn führt, er entschlüssele im geheimen Auftrag der amerikanischen Regierung Codes sowjetischer Agenten. Auch sein Zimmergenosse ist nur eine Wahnvorstellung, ausgelöst durch Schizophrenie. 

Was ist Schizophrenie?

Die Diagnosestellung der Schizophrenie wurde in früheren Zeiten fast so schlimm wie eine unheilbare Krebserkrankung betrachtet. Sie galt damals als eine sich chronisch verschlechternde Erkrankung, die im späteren Stadium zwangsläufig zur Pflegebedürftigkeit führte. Deshalb wurde Schizophrenie Ende des 18. Jahrhunderts mit „Dementia precox“ betitelt. Vom Verhaltensbild her war dies aus heutiger Sicht zwar nicht vergleichbar mit einer Demenz, aber der Verlauf erinnerte daran wobei die Erkrankung g in deutlich früheren Lebensjahren ihren Beginn fand ((=„precox“), als das bei einer Demenz der Fall ist. Mittlerweile sind solche Krankheitszustände Dank der modernen Medizin und den heutigen Behandlungsmöglichkeiten seltener geworden, wobei sich die Zahl der Erkrankungen jedoch nicht verringert hat. Weltweit gilt 1% der Bevölkerung als an Schizophrenie erkrankt, unabhängig von der Nation, den Lebensumständen (z.B. Kriegszeiten) oder der Lebensweise (arm oder reich). Dies zeigt, dass zwar äußerliche Faktoren wie familiäre Konflikte, Drogenkonsum, finanzielle Schwierigkeiten oder andere Belastungsfaktoren eine Schizophrenie auslösen können, aber sie sind nicht die Ursache für die Erkrankung.  
Schizophrenie tritt erstmalig bei Männern meistens im Alter von 15-25 Jahren auf, bei Frauen im Alter von 20-30 Jahren. Bei beiden Geschlechtern kann der Zeitpunkt aber auch früher oder später sein. Bei einer gewissen Anzahl der Frauen kann Schizophrenie auch im Alter von 40-50 Jahren auftreten, was vermutlich begünstigt wird durch hormonelle Schwankungen. 

Aus Sicht der Angehörigen werden bei der Erkrankung meist schleichende Prozesse beschrieben. Eltern bemerken z.B., dass ihre Tochter oder ihr Sohn sich in kurzer Zeit verändert, sowohl in der schulischen Leistung als auch in sozialen Interaktionen. Der Erkrankte zieht sich von Gesellschaft zurück, der Kontakt zum Freundeskreis wird nicht mehr gepflegt. Er verlässt selten sein Zimmer und auch beim gemeinsamen Essen ist der Betroffene eher nachdenklich, verbale Äußerungen wirken manchmal komisch, nicht nachvollziehbar oder aber die Angehörigen werden ohne Grund für etwas beschuldigt, was nicht nachvollziehbar ist. Dies führt unweigerlich zu Schockmomenten innerhalb der Familie. Ob der Erkrankte Stimmen hört oder andere Sinnestäuschungen hat wird auf jeden Fall nicht im Anfangsstadium berichtet. Wenn überhaupt darüber berichtet wird, dann erst nach mehreren Monaten oder sogar 1-2 Jahren. Deutlich schneller und skurrilere Verhaltensauffälligkeiten werden typischerweise nach Drogenkonsum beobachtet. Solche Verhaltensauffälligkeiten mit sozialem Rückzug, aggressivem Verhalten gegenüber Eltern mit nicht nachvollziehbaren Beschuldigungen und plötzlichen Abbruch der Ausbildung, Studium oder Arbeitskarrieren sind nicht selten und auch nicht zwingend Indikation für Schizophrenie. All diese Veränderung im Leben eines erkrankten Kindes bringt die Eltern an den Rand der Verzweiflung.
Welche anderen Ursachen könnten die Verhaltensauffälligkeiten haben? Wie erkennt man den Unterschied zwischen einer beginnenden Schizophrenie und normalen jugendlichen Identitätsproblemen? Persönlichkeitsstörungen? Drogenmissbrauch? Depression? Dazu mehr in diesem Artikel. 

Welche Erlebnisse werden von den Betroffenen selbst berichtet? 

Anfangs und auch bei jeder Verschlechterung im späteren Verlauf, wird von einem höchst unangenehmen, belastenden, andauernden Gefühl berichtet, der sogenannten „Wahnstimmung“. Der Betroffene spürt, dass etwas komisch in ihm ist und sich entwickelt, kann dies aber nicht erklären und möchte es auch nicht wahrnehmen. Dieses neue, fremde Gefühl führt dazu, zu glauben, dass die anderen etwas ungewöhnliches bemerkt haben, was psychopathologisch als „Beobachtungswahn“ bezeichnet wird. Von Karl Jasspers wurde eine treffende Beschreibung des „Beobachtungswahns“ notiert, in dem er diesen Zustand damit verglich, wie wir als Schüler in neuen Kleidern zur Schule gingen. Wir hatten auch das Gefühl, dass dies andere bemerken. In der Realität wurde dies, wenn überhaupt, von unserem besten Freund/Freundin bemerkt. Im Fall der Schizophrenie zwingt dieses fremde „Kleid“ die Betroffenen, sich in ihrem Zimmer zu sperren, was zu dem sozialen Rückzug führt. Im schlimmsten Fall ist nicht nur die Kommunikation, sondern auch die körperliche Aktivität stark eingeschränkt, die psychopathologisch als Katatonie bezeichnet wird. Erst im weiteren Verlauf bekommt der Betroffene einen „Aha"-Moment (Wahneinfall), in dem ihm „alles klar" wird, weshalb er so fühlt. Seine Erklärungen sind irreführend (Wahnideen), jedoch unkorrigierbar. Ihm wird „bewusst“, dass er ein Engel/Gott/Außerirdischer ist oder von einem solchen auserwählt wurde, um einen Auftrag zu erledigen (u.a. Heilen, Welt retten, ein neuer Lebensweg verkünden). Der Betroffene ist überzeugt, dass seine Angehörigen dies immer gewusst und verheimlicht haben. Die Folge ist Misstrauen, nicht nachvollziehbare Kommunikation. Klinisch wird dies beschrieben mit Zerfahrenheit, Sprunghaftigkeit oder Vorbeireden. Anfangs oder im weiteren Verlauf kommt es zu kommentierenden oder dialogisierenden akustischen Halluzinationen, wodurch die Wahnidee verfestigt wird. Optische Sinnestäuschungen sind sehr selten und eher untypisch für Schizophrenie.

Ein anderes psychotisches Erlebnis ist, dass der Betroffene glaubt, seine Gedanken würden beeinflusst oder gelesen/gehört werden können. Dies bezeichnet man als sogenannte Ich-Störungen

Wie unterscheidet man Schizophrenie von Normalität oder anderen Störung/Erkrankung?

In einem jüngeren Alter (Pubertät) ist es manchmal sogar für den Behandler schwierig zu unterscheiden, was normal und was pathologisches Verhalten ist. Insbesondere wenn Kinder ohne einen nachvollziehbaren Grund beginnen, die Eltern zu beschuldigen. Sie reagieren schnell gereizt, ziehen sich in ihrem Zimmer zurück, beschäftigen sich überwiegend mit elektronischen Spielen oder dem sozialen Netzwerk und haben erheblichen Leidensdruck ohne einen erkennbaren Anlass. Es ist ein Alter, in dem Jugendliche sowohl Identitätsprobleme als auch die normale Entwicklungsphase haben. Ebenso haben in diesem Alter viele erstmalig Kontakt mit Drogen. Es gibt Hinweise auf Persönlichkeitsstörungen. In dieser Zeit kann bei Erkrankung insbesondere bei männlichen Personen erstmalig psychotisches Erleben auftreten. Der Beginn kann deutlich schneller und symptomreicher sein wenn es sich um eine drogeninduzierte Psychose handelt. Der Schauspieler Eric Stehfest (auch bekannt als ehemaliger Kandidat bei „Let's dance“ und „Dancing on ice“ ) hat dies selbst erlebt und darüber berichtet. Bei einer normalen Entwicklungs- bzw. Identitätskrise, kann der Betroffene anderen Personen, insbesondere seine Eltern oder Freunde, und sich selbst gut beschreiben. Bei einer Persönlichkeitsstörung kann der Betroffene ebenfalls andere Personen gut beschreiben, hat aber ein verzerrtes Bild über sich selbst. Bei einer Schizophrenie haben die betroffenen Personen ein verzerrtes, manchmal nicht realistisches Bild über sich selbst und über andere Personen.

Was verursacht die Schizophrenie?

Die Vernetzung unserer Gehirnzellen wird ermöglicht durch verschiedene Botenstoffe. Für die Schizophrenie ist am wichtigsten das sogenannte Dopamin, welches man auch später mit Medikamenten versucht zu beeinflussen. Es gibt zwei Hirnregionen, die verschiedene Symptome in verschiedenen Phasen verursachen. Die erhöhte Ausschüttung des Dopamins im sogenannten limbischen System, welches zentral im Gehirn liegt, verursacht die sogenannten „positiven Symptome“ bei Schizophrenie, u.a. Wahnideen, Sinnestäuschungen, Halluzinationen. Auf der anderen Seite führt die Erhöhung des Dopamin im zentral liegenden limbischen System ähnlich wie die Gabe der meisten Psychopharmaka dazu, dass im Bereich des präfrontalen Kortex (frontale Großhirnrinde, Stirnbereich), das Dopamin absinkt, welches eigentlich die Aufgabe einer Schutzfunktion gegen Informationsüberflutung des Gehirns hat. Die Folge des niedrigen Dopaminspiegels im Bereich des prefrontalen Cortex sind Denk- und Konzentrationsstörungen, Verflachung des Affekts, fehlendes Interesse an Hobbys oder am sozialen Umfeld, die sogenannten „negativen Symptome“.

Wie wird Schizophrenie behandelt?

Der Schwerpunkt der Behandlung liegt auf der Beeinflussung der Dopamin-Rezeptoren. Die gestörte Funktion dieser Rezeptoren gilt als wichtiger pathologischer Faktor bei der Entstehung der Schizophrenie. Die sogenannten Antidopamin-Psychopharmaka werden in „typisch“ (Haloperidol, Glianimon, Sulpirid, etc) und atypischen (Clozapin, Aripiprazol, Risperidon, Paliperidon) unterteilt. Diese Einteilung ist begründet auf den Nebenwirkungen des einzelnen Medikamentes. Die häufigste Nebenwirkungen, die die Absetzung des Medikamentes erforderlich machen, sind starke Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Herzrasen und Parkinson-Symptome. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind die metabolischen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oder die Entwicklung eines Diabetes mellitus, sowie durch entstehendes Übergewicht bedingte Schädigungen. Bei vorbestehenden Dispositionen kann es außerdem zu einer Störung der kardialen Reizüberleitung kommen, im schlimmsten Fall zum Herzstillstand. Andere mögliche Nebenwirkungen sind Leberschädigungen oder Störung der blutbildenden Organe. Eine seltene, doch bedrohliche Nebenwirkung ist zudem das Auftreten eines malignes neuroleptisches Syndroms mit Entgleisung der vegetativen Steuerungsfunktionen, vermehrt Herzrhythmus, Laborwertveränderungen (Elektrolytentgleisung), Erhöhung der Körpertemperatur, Bewusstseinsstörungen bis zum Koma. Das Risiko für diese Störungen bei neuen sogenannten atypischen Neuroleptika ist deutlich seltener als bei einem klassischen Antipsychotikum, den sogenannten typische Neuroleptika. Um solche Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern, sollten regelmäßige EKG - und Blutbildkontrollen durchgeführt.

Krankheitsverlauf

Im Gegensatz zu dem früheren Glauben, dass es sich um eine sich chronisch verschlechternde Erkrankung handelt, ist die Schizophrenie mittlerweile behandelbar und die meisten Menschen erholen sich wieder. Mit der Behandlung soll man daher möglichst frühzeitig beginnen.

Die Wege zur Genesung sind unterschiedlich. Mit der richtigen Hilfe erleben viele der Betroffenen Personen später nie mehr eine psychotische Phase im Rahmen der Schizophrenie oder aber sie können trotz zeitweiser vorkommender psychotischer Episoden ein erfülltes Leben führen. Ungünstig ist die Fortsetzung von Drogenkonsum oder/und die vorzeitige Absetzung der Medikation. 

Um an die zu Beginn beschriebene Verfilmung „A beautiful mind“ anzuknüpfen:

 …. Schließlich folgt der Zusammenbruch, Nash wird in die geschlossene Psychiatrie eingeliefert. Er wird mit Insulin behandelt, das ihn in ein künstliches Koma versetzt und dabei Schocks auslöst. Als er wieder aus der Klinik kommt, kümmert sich seine Frau um ihn. Sie wird dabei aber selbst an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht. Erst in den 1990er Jahren feiert Nash, von seiner Erkrankung weitgehend genesen, ein vielbeachtetes Comeback, welches ihm letztendlich den Alfred Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften 1994 einbringt. (Quelle: Wikipedia)


Weiterführende Informationen:

Schizophrenie - - Nationale VersorgungsLeitlinie


Weiterführende Links zum Beitrag:

Virtuelle Realität und Schizophrenie

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