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Wie haben ältere Menschen den Corona-Lockdown erlebt?

Iunia Mihu • Aug. 29, 2020

Tagelang nicht vor die Tür gehen, keinen Besuch empfangen, mit niemandem reden – so sah plötzlich der Alltag vieler Menschen während dem Corona-Lockdown aus. Für viele ältere Menschen war das schon vor der Pandemie eine traurige Normalität. Sei es, weil die Kinder weit weg wohnen oder der Partner verstorben ist und man ganz alleine lebt.

Wie haben ältere Menschen die verordnete Isolation während dem Corona-Lockdown erlebt? Wie haben sich die Umstände auf ihre Psyche ausgewirkt? Diesen Fragen widmeten sich Forscher aus Leipzig – die Ergebnisse machen Mut. 

Senioren als besondere Risikogruppe

Das Risiko an einer Infektion mit SARS-COV-2-Virus zu sterben, war für Senioren von Beginn der Pandemie an besonders hoch. Am stärksten gefährdet sind dabei Menschen ab 80. Das bestätigten zuerst Studien aus China, etwas später auch Daten aus europäischen Ländern. Senioren galt es daher besonders zu schützen. Ohne Isolation ging es nicht. Plötzlich wurden Besuche in Alten- und Pflegeheimen gestrichen, die Enkel konnten Oma und Opa nicht mehr besuchen und der schon lange geplante 70. Geburtstag
der eigenen Mutter musste schweren Herzens aus dem Kalender gestrichen werden. Und selbst als der Lockdown wieder vorbei war, waren ältere Menschen immer noch weitestgehend isoliert. 

Ältere Menschen sind robuster als gedacht

All diese Umstände scheinen der älteren Generation jedoch psychisch nicht geschadet zu haben. Anders als vermutet, erwiesen sich die Senioren in Deutschland im Corona-Lockdown auch als mehrheitlich psychisch stabil. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Instituts für Sozialmedizin und Public Health (ISAP) in Leipzig. Die repräsentative Studie der Universität Leipzig mit mehr als 1.000 Studienteilnehmern zwischen 65 und 94 Jahren belegt, dass alte Menschen die Maßnahmen des Gesundheitsschutzes in sehr hohem Maße unterstützen. 

Was war die Motivation der Forscher?

Die Wissenschaftler aus Leipzig wollten eine direkte Momentaufnahme der psychischen Gesundheit älterer Menschen erfassen. Untersuchungen darüber, wie sich Isolations- und Quarantänemaßnahmen auf die menschliche Psyche auswirkt, gab es bereits aus anderen SARS-Ausbrüchen, allerdings nur mit jüngeren Menschen. In dieser Studie aus Leipzig sollte es ausschließlich um die Senioren gehen. 

Repräsentative Befragung im Lockdown 

Wie geht es Ihnen während des Lockdowns? Wie fühlen Sie sich? Welche Ängste haben Sie? Wie steht es um Ihre körperliche Gesundheit? Diese und viele weitere Fragen wurden den insgesamt rund 1.005 Senioren vermutlich gestellt – eine repräsentative Stichprobe nennt man das. Die Studienteilnehmer waren zwischen 65 bis 94 Jahre alt. Sie wurden sie zu ihren persönlichen Einstellungen zur Pandemie und zu den Maßnahmen des Gesundheitsschutzes sowie zu ihrer psychosozialen Gesundheit befragt. Die 

Ergebnisse in Bezug auf Depressivität, Ängstlichkeit, Somatisierung (Fachausdruck für körperliches Unwohlsein) sowie Einsamkeit unterschieden sich nicht von den Ergebnissen, die man für die deutsche Allgemeinbevölkerung aus Vor-Pandemie-Zeiten kennt. 

Längerfristige Beobachtungen nötig

Obwohl die Mehrheit der befragten Senioren psychisch stabil waren, hatten manche von ihnen auch Schwierigkeiten, sich an die neue Situation anzupassen. Das ist nur mehr als verständlich – die Pandemie hat uns schließlich alle, egal ob alt oder jung, vor neuen Herausforderungen gestellt. Und angesichts der aktuellen Diskussionen über eine mögliche zweite Welle, ist es wohl nicht verkehrt uns vor Augen zu halten, wie wichtig 

gesellschaftliche Teilhabe und menschliche Zuwendung auch in Zukunft bleiben. Um längerfristige Effekte der Pandemie auf die menschliche Psyche aufzudecken, seien nun weitere Studien notwendig, schreiben die Forscher. 

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